Nach langer Astroabstinenz konnte ich am 26. Dezember endlich einmal wieder einen klaren Himmel zum spechteln genießen. Für mich völlig überraschend hatten sich Wolken und Hochnebel am Nachmittag des zweiten Weihnachtsfeiertags verzogen - endlich konnte ich mal wieder das Fernrohr vor dem Haus aufbauen.
Um 16.19 Uhr (MEZ) war Sonnenuntergang, wenig später stand das Fernrohr fertig für einen ungeahnten Beobachtungsmarathon. Ich war ja zunächst noch skeptisch, wie lange würde dieser klare Himmel halten? Wann kommt der Nebel zurück?
Gegen 17 Uhr dann das erste astronomische Objekt, die Venus. Trotz ihrer Helligkeit hat sie es doch schwer am Abendhimmel aufzufallen. Zu tief steht sie über dem Horizont. Bei einer Untergangszeit von 17:21 Uhr selbst als "Abendstern" kaum zu bezeichnen.
Umso schöner stand jedoch der Mond am Himmel. Mit 39% Beleuchtung noch nicht ganz im ersten Viertel bot er jedoch in ausreichender Höhe ein wunderschönes Bild für Spaziergänge durch seine Mare- und Kraterlandschaften. Im Norden waren die Krater Aristoteles und Eudoxus auffällig, die Ariadaeus-Rille fiel schnell auf und im Süden wimmelte es nur so von diversen Kratern. Mit Hilfe einer WebCam habe ich viele verschiedene Gebiete aufgenommen, wenn ich die Videos ausgewertet habe, werde ich vielleicht in den nächsten Tagen hier noch ein paar Bilder verlinken.
Die Mondbeobachtung wurde jedoch zunächst unterbrochen, denn für 17.25h war ein Überflug der ISS angesagt. Und in der Tat tauchte sie, wie von heavens-above vorausberechnet im WSW auf, stieg immer höher und strahlender am Himmel empor, um mit -1.8m bei 72° Höhe zu kulminieren. Schnell hatte ich bei meinem Fernrohr die Klemmung gelöst, mit Glück die ISS gleich am Anfang schon im Sucher gefunden, angepeilt und - Treffer! Die ISS war mit den einzelnen Sonnenpaddeln strahlend hell im Okular zu erkennen! Eine ganze Weile konnte ich ihr so folgen, das Fernrohr von Hand nachgeführt.
Draußen sanken dann so langsam die Temperaturen. Heute Nacht wird es gewiss den ersten Frost des Winters geben, ging es mir so durch den Kopf. Aber das ist ja das schöne, wenn man vor der eigenen Haustür beobachten kann, es ist kein Problem, sich zwischendurch auch mal wieder aufzuwärmen. Bis zum Abendessen hatte ich insgesamt 17 verschiedene Mondvideos abgeschlossen: unterschiedliche Gebiete, unterschiedliche technische Aufnahmeparameter, da kommen schnell etliche MB auf der Festplatte zusammen. Nach dem Essen wurde erstmal noch im Familienkreis eine Runde Carcassone gespielt, dann ging es wieder hinaus. Weitere Fotos wollte ich nicht mehr machen, einfach nur noch durch die verschiedenen Messier-Objekte und Sternhaufen am Winterhimmel spazieren gehen. Mal sehen, wann die Kälte und Nässe mich wieder ins Haus treiben würde.
Weil der Stier schon richtig schön hoch am Himmel stand, wollte ich gleich mal mit M1 anfangen. Ob das Mondlicht noch zu sehr stören würde? Wow! das war die erste Überraschung am Abend, der Mond störte (fast) gar nicht, die Durchsicht war prima, die unregelmäßige, längliche Form des Nebels war auf Anhieb zu erkennen!
Dann ging es weiter zu NGC 1647, dem Sternhaufen vor dem geöffneten "V" der Hyaden. Ein sehr schönes Objekt.
Nur ein paar Zahlendreher, und schon kommt man zum nächsten kleineren Sternhaufen: NGC 1746.
Und etwas unterhalb des Stieres, genau über dem Kopf des Orion, dann das Doppelcluster NGC 1807 und 1817.
Dann darf auf so einem Spaziergang das Prachtobjekt M45, die Plejaden, natürlich nicht unerwähnt bleiben. Fürs Fernrohr sind sie aber eigentlich viel zu groß, die sind nun einmal etwas für den Feldstecher. Meropes Reflexionsnebel war nicht zu erkennen, so dunkel war der Himmel dann doch wiederum nicht.
Auch Melotte 25 (besser bekannt als "Hyaden" sind so ein typisches Fernglas-Objekt.
Nun ging es hinunter zum Sternbild Orion. Zunächst einmal der großartige Orionnebel, M42. Mit jedem Okular ein wunderschönes, vielfältiges Objekt. Weil er bei Messier separat gezählt wird: natürlich habe ich auch M43, den oberen Teil des Orionnebels gesehen.
Das nächste Objekt ist schon wieder deutlich unbekannter: M78. Im Karkoschka heißt es: "hellster Reflexionsnebel, leicht kometenähnlich. Hört sich zunächst etwas verwirrend an. Aber es stimmt schon, in meinem Fernrohr waren auf Anhieb zwei helle Sterne in einem kleinem, schwachen Nebel zu erkennen, der tatsächlich ähnlich wie ein Kometenschweif zu einer Seite hin relativ scharf begrenzt war, während er zur anderen Seite offen und zerzaust erschien.
Jetzt wollte ich aber zunächst einmal weitere Sternhaufen sehen, denn Mondnächte sind für "Nebelbeobachtung" nicht wirklich geeignet. Der Mond war - jetzt war es schon gut nach 21 Uhr, wieder auf dem Weg zum Horizont. Ich habe noch versucht, Uranus aufzusuchen, aber dafür war es eigentlich schon zu spät. 22:18h sollte er untergehen, viel war von ihm nicht zu erkennen.
Also ging es in das Sternbild Fuhrmann, lateinisch "Auriga". M36 war mein erstes Ziel. Ein vergleichsweise "offener" Haufen mit wenig schwachen Sternen. Danach M37, ein rechter Gegensatz zum vorherigen Haufen, viele, sehr viele einzelnen Sterne bieten ein prachtvolles Bild. Und dann darf M38 natürlich auch nicht fehlen. Hier scheinen die einzelnen Sterne sich zu interessanten Formationen aufgereiht zu haben. Drei "offene" Sternhaufen im Fuhrmann - und keiner ist dem anderen wirklich ähnlich. Nur wenig südlich von M38 steht der viel kleinere offene Haufen NGC 1907. Für mich an diesem Abend eines der feinsten Objekte überhaupt. Der "Geheimtipp" im Fuhrmann ist für mich jedoch nach wie vor der Haufen NGC 2281. Dieser Sternhaufen ist nicht ganz leicht zu finden, fällt als Fleckchen im Feldstecher in der Gegend zwischen dem Fuhrmann und dem Luchs jedoch schnell auf. Weiter ging es dann dank der "goto-Steuerung" meiner Montierung zum Sternhaufen NGC 1893. von dort dann zu NGC 1857, mit einem hellen roten Stern in der Mitte und dann noch zu dem doch recht offenen Haufen NGC 1664.
Langsam fröstelte es mir, doch bevor ich mich im Haus etwas aufwärmen wollte, zog es mich zunächst in noch kältere Gegenden: NGC 2392, der Eskimonebel. Genau wie im Karkoschka beschrieben, ein schönes helles grünliches Scheibchen mit deutlichem Zentralgebiet, eindrucksvoll bei starker Vergrößerung. Danach musste ich, wenn man schon mal im Sternbild Zwillinge weilt, natürlich einen schnellen Abstecher zu M35 machen, angeblich der sternenreichste offene Haufen des Winterhimmels, mit vielen jungen blauen Sternen. Dicht dabei, für mich aber nur als "Nebelfleckchen" erkennbar: NGC 2158, ein entfernter Haufen von alternden Sternen.
Und wenn man schon am Weihnachtsfeiertag in die Sterne schaut, dann darf natürlich an einem solchen Abend auch der "Weihnachtsbaum" nicht fehlen: NGC 2264.
Danach ging es aber doch erstmal ins Haus zurück, leider bewegt man sich hinter dem Teleskop doch recht wenig, so dass es an den Füßen schon verdammt kalt wurde.
Der Himmel war auch nach der Pause immer noch wunderschön klar. Auf dem Fernrohr-Tubus, dem Campingtisch und an vielen anderen Stellen hatte sich in der Zwischenzeit allerdings doch schon eine richtige Reifschicht nieder gelassen.
Mein nächstes Ziel war zunächst einmal ein weiteres Messier-Objekt. Im Sternbild Einhorn (Monoceros), ein unscheinbares und wenig bekanntes Sternbild zwischen Orion und seinen beiden Hunden ist M50 zu finden, ein weiterer offener Sternhaufen. Dann sollte die größte Herausforderung kommen: NGC 2237, der Rosettennebel. In diesem Nebel ist der Sternhaufen NGC 2244 eingebettet. Dieser war leicht zu finden. Aber reichte die Dunkelheit auch für den umgebenden Gasnebel? Mit der geringsten Vergrößerung versuchte ich es mal mit und mal ohne schmalbandigen Filter. Und? ja - ich glaube, ich habe ihn gesehen. Um den Sternhaufen herum waren so gerade eben unterschiedlich helle und dunklere Strukturen, ähnlich einem "Halo" zu erkennen. Diese füllten praktisch das gesamte Gesichtsfeld aus, doch in der Tat: laut Karkoschka hat der Rosettennebel einen Durchmesser von 80 Bogenminuten, das ist fast der dreifache Vollmonddurchmesser. Ich bin mir ziemlich sicher, ich habe diesmal auch den Rosettennebel gesehen. In vergangenen Jahren habe ich ihn wahrscheinlich der schieren Größe wegen schlicht übersehen!
Weiter ging es im Einhorn zum Sternhaufen NGC 2324. Ein netter kleiner Haufen lichtschwacher Sterne. Mehr gefallen hat mir NGC 2301. Nur wenige Sterne, aber wunderschön aufgereiht.
Vom Einhorn zum Sternbild Krebs ist es nicht weit. Die Praesepe (M44) ist natürlich auch mit bloßem Auge gut zu sehen, im Fernglas wirklich eindrucksvoll. Fürs Fernrohr war dann wieder M67 ein passendes Objekt.
Noch nahe zum Horizont waren inzwischen ein paar weitere Sternbilder aufgegangen. Puppis und der große Hund mit dem hellsten Fixstern, dem Sirius. Zunächst steuerte ich M47 an, ein lockerer Haufen hellerer Sterne, irgendwie eine "Miniausgabe" der Plejaden. Von dort ist es nicht weit zu M46, ein schwächerer, aber viel dicht gepackterer Haufen mit einer Besonderheit: scheinbar liegt "mittendrin" ein planetarischer Nebel (NGC 2438). Da ich aber jetzt nicht mehr mit dem einem Filter experimentieren wollte, bin ich mir nicht ganz so sicher, ob ich diesen wirklich gesehen habe. Stattdessen noch etwas weiter Richtung Osten geschwenkt und der Haufen NGC 2539 kam ins Blickfeld. Noch waren mir diese Sternhaufen aber zu nah am Horizont. Zwei Stunden später wären sie sicherlich besser zu beobachten.
Dann ein vorletzter Blick ins All. Nicht mit dem Fernrohr, sondern nur mit dem Fernglas schaute ich noch nach M41, ein Prachtobjekt, wenn er etwas höher am Himmel steht. und auch für Anfänger unterhalb des Sirius leicht zu finden.
Zum Abschluss - es war inzwischen fast Mitternacht geworden - beobachtete ich noch etwas ausgiebiger den Ringplaneten Saturn. Fast wie gemalt strahlte er mich im Fernrohr an, den Ring in gerader Haltung, umgeben von drei Monden, bei genauerem hinsehen meinte ich noch zwei weitere kleine Lichtpünktchen sehr dicht am eigentlich Planeten zu erkennen. Schöner kann so ein Beobachtungsabend gar nicht enden.
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